Haushaltsrede der FDP/Bürgerliste 2018

Gemeinderätin Karin Gillardon nimmt Stellung zum städtischen Jahresbudget

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Herr Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Damen und Herren,

Karin Gillardon, FDP/Bürgerliste

die Verabschiedung des Haushaltsplanes bietet in der Haushaltsrede traditionell die Gelegenheit zu grundsätzlichen, aber auch aktuellen Stellungnahmen und Überlegungen zur städtischen Politik. Was hat man erreicht oder nicht erreicht? Wie sind die Zukunftsplanungen oder besser Zukunftsvisionen?

Rückblick 2017

Zunächst aber ein Blick zurück ins vergangene 2017. Es war ein grandioses Jahr mit dem Doppeljubiläum 1.250 Jahre Stadt Bretten und Diedelsheim sowie 500 Jahre Reformation. Der vielzitierte Slogan Dialog – Disput – Erneuerung war treffend gewählt und hat beide Jubiläen sinnvoll miteinander verknüpft – wobei man sich von Stadtseite mehr Dialog und Disput gewünscht hätte! Deshalb von dieser Stelle aus unseren herzlichen Dank an die Organisatoren im Kulturamt, stellvertretend zu nennen Herrn Feineisen und Frau Kerres.

2017 war aber auch geprägt von der OB-Wahl, deren knapper Ausgang wegen Bürgereinspruchs bis heute noch nicht entschieden ist. Jedenfalls wünschen wir uns, dass endlich Klarheit geschaffen wird und uns eine Wahlwiederholung (mit welchem Ergebnis?) erspart bleibt. Dieser worst case würde uns die in Angriff genommenen und projektierten Vorhaben möglicherweise ausbremsen und um Jahre zurückwerfen. Soviel also einleitend.

Finanzlage der Stadt

Über die budgetäre Situation haben sich meine Vorredner schon ausführlich und detailliert geäußert. Nur so viel: Auch wir sind froh, dass es ohne neue Schuldaufnahme und mit Schuldentilgung gelungen ist, in Folge einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, sodass die Gesamtverschuldung bei 16 Millionen Euro gehalten werden konnte. Das entspricht weiterhin einer Pro-Kopf-Verschuldung von 550 Euro. Betrachtet man jedoch die Stadt als „Konzern“ mit all ihren Beteiligungen und Schulden, für die sie bürgt, zeigt sich ein anderes Bild: So liegen wir bei ca. 2.900 Euro pro Kopf.
Dem stehen jedoch hohe Vermögenswerte gegenüber, insofern ist die Höhe der Gesamtverschuldung relativ.

Betrachtet man die Eigenkapitalquote (also Basiskapital plus Rücklagen) des Konzerns „Stadt“, so liegt diese bei 67 Prozent! Damit steht Bretten verglichen mit anderen städtischen „Konzernen“ hervorragend da.

Allerdings muss man sich fragen: Ist die gute Situation bei den Einnahmen von Gewerbesteuer und Einkommensteuer ein sanftes Ruhekissen? Zwar haben wir nahezu Vollbeschäftigung, dürfen uns aber nicht darauf ausruhen! Die mit schöner Regelmäßigkeit in vorigen Haushaltsreden von uns eindringlich angemahnte Erschließung des schon vor Jahren beschlossenen Industriegebiets Gölshausen VII lässt immer noch auf sich warten. Der Bebauungsplan scheint auf der Prioritätenliste wohl das Schlusslicht zu sein.

Personalsituation in der städtischen Verwaltung

Geld ist da – es fehlt aber die Manpower“ titelte kürzlich die BNN und bringt es damit auf den Punkt. Hier liegt der Grund allen Übels, dass nämlich viele Projekte z.B. aus 2017 und früher einfach nicht angepackt werden konnten. In der diesjährigen Haushaltsklausur hat die Verwaltung gegengesteuert und uns einen um 21 Stellen erweiterten Stellenplan präsentiert.

Jetzt kommt es darauf an, insbesondere für den technischen Bereich qualifizierte Mitarbeiter mit Erfahrungshintergrund zu gewinnen. Im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft hat die Verwaltung schlechte Karten, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Alle wohlgemeinten Anträge auf Baumaßnahmen laufen ins Leere, wenn zwar das Geld vorhanden, aber das Amt unterbesetzt ist. Nicht abgeflossene Investitionsaufträge 2017 von 6,1 Millionen Euro schieben wir vor uns her. Viele Bebauungspläne haben wir verabschiedet, also auf den Weg gebracht, das bindet Kapazität. Wir fragen uns jedoch – siehe Gölshausen VII – wer entscheidet über die Prioritäten?

Altenpflege

Bleibt Caritas in Bretten? Was uns schwer im Magen liegt, sind die Causa Katholisches Altenheim im kirchlichen Besitz und das unwürdige Vorgehen der Altenheimbetreiberin Caritas. Oder hätte die Stadt eine Handhabe gehabt, um die Schließung per 30. September zu verhindern? Ist sichergestellt, dass ein Neubau am Mellert-Fibron-Areal auch wirklich kommt, nachdem wir nach einigem hin und her schließlich den Bebauungsplan geändert haben, um Wohnen zu ermöglichen? Diese Fragen sind jetzt offensichtlich „Schnee von gestern“. Heute hören wir von der Caritas, das notwendige Baurecht sei noch nicht hergestellt, man halte deshalb am Schließungskonzept per 30. September fest. Das bedeutet wohl nun das endgültige Aus.

Nach wie vor wäre für uns die beste Alternative gewesen: Errichtung eines Neubaus am Sporgassenplatz mit Anbindung an das im Anschluss zu sanierende Altenheim. Diese und weitere Alternativen aus der Mitte des Gemeinderates und von OB Wolff wurden von der Caritas abgelehnt bzw. unserer Meinung nach nur halbherzig geprüft. Oder eröffnet das nochmal ein „Neu Denken“?

Innenstadtentwicklung, Planung Sporgasse

Nur so viel: Wir haben uns für das Konzept Baldauf entschieden, halten aber die Verlagerung des Bibliothekanbaus in den Bauabschnitt II nicht für sinnvoll. Wir sind uns inzwischen auch einig, dass ein moderner Bibliotheksbau heutzutage nicht nur soundso viel Regalmeter gefüllt mit Büchern darstellen darf, sondern ein modernes, multimediales, kulturelles Zentrum mit hoher Besucherfrequenz sein muss, bewegen sich doch die Besucherströme überwiegend im ersten Bauabschnitt.

Ziel muss in jedem Fall die Stärkung der Innenstadt sein. Die neu geschaffene 70-Prozent-Stelle Projektleitung Stadtmarketing zeigt hier schon Wirkung: Sie sollte nicht nur die Einzelhändler „unter einen Hut“ bringen, Veranstaltungen koordinieren, sondern darüber hinaus weitere Impulse zur Stärkung der Innenstadt entwickeln. Hierfür wünschen wir Frau Dörl-Heby eine gute Hand.

Bevölkerungswachstum und Wohnungsbau

Das Statistische Landesamt prognostiziert bis zum Jahr 2030 einen Bevölkerungszuwachs um 8,3 Prozent, effektiv sind dies 2.400 Einwohner. Dies ist im Vergleich zu anderen Städten in der Umgebung die höchste Quote.

Das bedeutet aber auch, dass der heute schon vorhandene Wohnungsmangel laufend größer wird, dem es gegenzusteuern gilt. Es besteht Handlungsbedarf insbesondere für sozialen Wohnbau. Die Erschließung Knittlinger Berg für sozialen Wohnungsbau hat die Gölshäuser Gemüter erregt. Dieses Gelände gehört der Stadt und kann kurzfristig bebaut werden. Das Problem ist unseres Erachtens alleinig der ansässige Gewerbebetrieb und die dadurch verengte Zufahrt. Ziel muss es sein, Verhandlungen für eine Verlagerung zu führen, damit das Gelände von der Römerstraße her geöffnet und einsehbar wird und damit eine bessere Einbindung ins benachbarte Wohngebiet erfährt.

In jedem Fall plädieren wir dafür, dass die Stadt in jedem neu zu erschließenden Baugebiet, ob in den Ortsteilen oder der Kernstadt, Bauplätze für sozialen Wohnungsbau vorhält und ggf. über ein kommunales Wohnbauförderprogramm bezahlbares Wohnen ermöglicht.

Dauerthema ist auch die Landmesser-Immobilie, die sicher nicht denkmalwürdigen Anbauten und die „versammelten Hüttenwerke“ im Hof. Wird sich ein Liebhaber finden, der dieses offensichtlich denkmalgeschützte Objekt erwirbt und saniert? Oder wird sich ein Investor finden, der das Areal u.a. für moderne Wohnbebauung nutzen wird, so das Denkmalamt es zulässt? In diesem Zusammenhang erinnern wir an die Resolution des Gemeinderates von vor genau einem Jahr, in der wir die Verwaltungsspitze beauftragt haben, auf das Denkmalamt zuzugehen, mit dem Ziel eine Kompromisslösung zu finden. Bis heute hat der Gemeinderat nichts davon gehört! Der Antrag auf Ausweisung eines Sanierungsgebiets Westliche Altstadt ist gestellt. Wird dem hoffentlich stattgegeben, so ist der erste Schritt für eine Neugestaltung und Aufwertung des Areals getan.

Radweg Saalbach

In diesem Zusammenhang muss man auch die von uns schon mehrfach angesprochene Radwegeverbindung Seedamm – Gottesacker Tor – Alte Post sehen. Ein Flusslauf im Stadtgebiet ist etwas Lebendiges und sollte stadtbildgestalterisch genutzt werden für eine möglichst durchgängige Grünzone – als Fuß- und Radweg mit Bänken und Ruhezonen, und zwar möglichst bereits ab Breitenbachweg bis vor zur Alten Post. In unserer letztjährigen Klausurtagung zum Haushalt 2017 hat man die Verwaltung beauftragt, „Grunderwerbsverhandlungen aufzunehmen und die Maßnahmen möglichst mittelfristig anzugehen“. Im diesjährigen Finanzhaushalt ist leider weder eine Planungsrate noch mittelfristig Geld für Grunderwerb eingestellt, dafür aber zumindest eine Planungsrate von 20.000 Euro für Umgestaltung des Spielplatzes mit Uferbereich an der Withumanlage. Das Brückle zum Viehmarkt kann nur der Anfang gewesen sein!

Verkehr, Straßeninfrastruktur

Zum Schluss noch ein Schlenker zum Thema Verkehr. Wir sind gespannt auf das angekündigte Mobilitäts- und Verkehrskonzept, mit dem ein externes Büro beauftragt werden soll. Vorliegen soll es bis Ende 2018/Anfang 2019 und soll alle innerstädtischen Verkehrsbeziehungen und Verkehrsteilnehmer – ob Fußgänger, Radfahrer oder Kraftfahrzeuge einschließen. Für den übergeordneten Verkehr jedoch erwarten wir eine aktualisierte Zählung – die letzte fand 2008 statt, inzwischen dürften sich der Verkehr massiv erhöht haben und die Zahlen längst überholt sein.

Mit diesen Punkten möchte ich es bewenden lassen. Wir von der FDP/Bürgerliste hoffen und wünschen, dass alle Rückstände sowie die im Haushalt 2018 budgetierten Investitionen wie geplant mit dem aufzustockenden Personal erfolgreich abgearbeitet werden können.

Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Punkte stimmen wir im Grundsatz dem Haushalt 2018 sowie dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung zu.

Wir attestieren der Verwaltung, allen voran Herrn Amtsleiter Pux und seinen Mitarbeitern, dass sie das Zahlenwerk übersichtlich, transparent und realitätsbezogen aufgestellt hat. Wir danken aber auch unseren Kolleginnen und Kollegen für gemeinsame Entscheidungen zum Wohle unserer Stadt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Karin Gillardon
Für die FDP/Bürgerliste

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