Von Brettener Zukunftsvisionen bis hin zu Klausuren des Gemeinderats

Haushaltsrede der FDP/Bürgerliste 2019

Stadtrat Gerd Bischoff nimmt Stellung zum kommunalen Jahresbudget // Sitzung des Gemeinderats am 26. Februar 2019

Sehr geehrte Herren Oberbürgermeister und Bürgermeister, sehr geehrte Herren Ortsvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat, meine Damen und Herren,

der laufende Haushalt der Stadt Bretten mit einem Gesamtvolumen von circa 80 Millionen Euro steht auf einem soliden Fundament. Die Gesamtbilanz – eigentlich gewissermaßen die Konzernbilanz – hat ein Volumen von 210 Millionen Euro, also eine veritable Größenordnung. Diese Bilanz ist für mich am meisten aussagefähig und relevant. Das Eigenkapital beträgt dort 146 Millionen Euro, also circa 69,5 Prozent, ein sehr guter Wert.

In der Bilanz nicht direkt enthalten sind die Bürgschaften der Tochterunternehmen, nämlich der Kommunalbau GmbH, der Wohnungsbau GmbH und der Stadtwerke von zusammen ziemlich genau 60 Millionen Euro. Aber selbst diese Bürgschaften, die ja das Gesamtobligo der Stadt belasten, sind in den vergangenen acht Jahren um elf Prozent gesunken. Das Gesamtobligo (also Stadtschulden und Bürgschaften) ist in dieser Zeit um 24,2 Prozent zurückgegangen.

Also, gute, solide Zahlen und eine wohlhabende Stadt Bretten – das ist gut so!

Die weitere Interpretation der Einzelposten, Investitionen und so weiter wurden von den Vorrednern ausführlich vorgenommen. Ich verzichte daher auf weitere Details.

Meine Damen und Herren, dies wird für meine Kollegin Frau Karin Gillardon und für mich die letzte Haushaltsrede vor diesem Gremium sein. Wir scheiden bekanntlich zum nächsten Rats-Schichtwechsel aus. Wir haben diese Arbeit gerne gemacht und übergeben nun das Ruder an die jüngere Generation. Ich bin überzeugt, dass auch einige Kollegen dem nächsten Rat nicht mehr angehören werden – sie wissen es heute nur noch nicht.

Die letzte Haushaltsrede unserer scheidenden Stadträte trug Gerd Bischoff Ende Februar vor.

Deswegen nehmen wir die Gelegenheit wahr, in die Zukunft des Gemeinderates zu blicken. Da fallen uns einige Punkte auf:

Zukunftsvision – Bretten 2025

Zu Beginn meiner ersten Amtsperiode hatten wir hier im Saal eine Klausur über die wichtigsten Aufgaben für die bevorstehenden Jahre. Dieses Seminar war sehr erfolgreich und sollte für den neuen Gemeinderat wiederholt werden. Wie soll sich die Stadt Bretten bis 2025 und darüber hinaus entwickeln?                                                                          

Bis 2030 prognostiziert das Statistische Landesamt für die Melanchthonstadt einen Bevölkerungszuwachs um 2.500 bis 3.000 Menschen. Wir benötigen daher dringend neue Baugebiete, die sowohl in der Kernstadt wie den Ortsteilen rasch erschlossen werden. Auch an den Erhalt von bestehenden und die Schaffung neuer Arbeitsplätze sei gedacht. Unglücklicherweise wurde die Erschließung neuer Gewerbeflächen viel zu lange vernachlässigt.

Der Verkehrsinfrastruktur widmet sich alsbald das bereits initiierte Mobilitätskonzept. Allerdings sind davon zwar Verbesserungen, doch gewiss keine Wunder zu erwarten. Wir müssen vielmehr große Lösungen wie die Südwestumgehung entschlossen und mutig vorantreiben.

Immerhin zeichnen sich merkliche Fortschritte beim Ausbau des örtlichen Glasfasernetzes ab. Ferner halten die Ärzteversorgung und die Themen Freizeit und Kultur Herausforderungen für den nächsten Gemeinderat bereit.

Es freut mich daher, dass Oberbürgermeister Wolff spontan auf unsere Anregung reagierte und eine derartige Zweitagesklausur für den neuen Gemeinderat im Herbst 2019 abhalten will. Dort soll der kommunalpolitische Fahrplan für die Zukunft abgesteckt werden, an dem sich sodann alle Aktivitäten orientieren. Dieser Fahrplan sollte fortan alle zwei Jahre – eventuell im Rahmen der Haushaltsklausur – aktualisiert werden.

Diskussionen über beschlossene, aber nicht durchgeführte Maßnahmen

Dieses Muster ist mir im Verlaufe meiner zwei Amtsperioden aufgefallen. Der Gemeinderat beschließt etwas, doch man hört infolgedessen lange Zeit nichts mehr davon. Das kann mehrere Gründe haben:

  • Es verändern sich die Voraussetzungen, unter denen ein Beschluss umgesetzt werden soll. Das kann ja vorkommen.
  • Oder die Verwaltung bzw. der Oberbürgermeister setzen neue Prioritäten ohne Mitteilung an den Rat.

In beiden Fällen muss der Gemeinderat unbedingt unterrichtet werden! Es darf dies nicht Teil der Verwaltungstaktik und der Politik werden. Unser Vorschlag lautet daher: Mindestens einmal pro Jahr werden fortan alle laufenden, aber noch nicht vollendeten Beschlüsse vorgestellt und deren Hintergründe diskutiert.

Erhalt der wirtschaftlichen ‚Perlen‘ Brettens

Unsere Stadt ist Eigentümerin von wirklichen Perlen, namentlich der Kommunalbau Bretten GmbH, der Wohnungsbau Bretten GmbH sowie der Stadtwerke. Diese bieten unermessliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Entwicklung unserer Stadt. Außerdem waren alle zumindest in unserer Amtszeit meistens gut rentabel. (Kleine Ausnahmen soll es gegeben haben, aktuell allerdings nicht mehr.)

Speziell im Falle der Stadtwerke wurde des Öfteren spekuliert, einen Partner ins Boot zu holen. Ich kann nur sagen: Wehret den Anfängen! Die Stadt muss einhundertprozentige Eignerin sein und bleiben. Diskussionen über Mindestgrößen, Zweckfusionen, Überlebensgefahr und so fort haben sich langfristig immer als unbegründet und falsch erwiesen. Möglichkeiten, fremde Netzwerke im eigenen Einzugsgebiet zu erwerben, sollten indessen genutzt werden.

Schade! Den Glasfaserausbau in Bretten hätten wir gerne in der Hand der Stadtwerke gesehen. Vielleicht gibt es in ferner Zukunft die Chance des Erwerbs von Glasfaserleitungen. Kurzum: Lasst diese stolzen Perlen voll im Stadtbesitz.

Aufwandsvergütung

Meine Damen und Herren, zum Schluss will ich noch etwas Pikantes anbringen, das uns zwei sowieso nicht mehr betrifft: die Aufwandsentschädigungen und Vergütungen in allen kommunalen Gremien.

Bretten ist gegenüber seinen Ratsmitgliedern eigentlich geizig, andere Gemeinden in unserer Größenordnung sind erheblich spendabler. Darüber hinaus ist das Vergütungsniveau seit mehr als zwei Legislaturperioden unverändert geblieben, also über zehn Jahre lang.

Der Zeitaufwand als Gemeinderat fällt enorm aus, speziell die Vorbereitung auf die Sitzungen kostet viele Stunden. Dazu kommen die eigentlichen Termine, die Ausschüsse, die Tätigkeiten in Aufsichtsräten und die Repräsentationsveranstaltungen. Ich schätze, dass pro Monat im Durchschnitt 30 bis 40 Stunden benötigt werden, oft noch mehr. Ich habe aber noch nie eine Strichliste geführt.

Die unangenehmen Rechtfertigungen und mithin Unterstellungen seitens unzufriedener Bürger, ja Wutbürger und Dauerquerulanten, sind bei diesen Überlegungen gar nicht inbegriffen. Das muss ein kommunales Ehrenamt schlichtweg aushalten.

Setzt folglich als künftige Vergütung an, was Ihr wollt. Bretten könnte jedenfalls großzügiger sein, was aufwändige Ehrenämter betrifft. Andere Vergütungssätze sind ja zuletzt angepasst worden, zum Beispiel bei der Feuerwehr. Das Amt als Gemeinderätin oder -rat sollte dabei besonders jedem Bürger zugänglich sein, auch wenn sie oder er finanziell bescheiden gebettet ist.

Mein Vorschlag lautet daher: Wir sollten ein Benchmarking anhand vergleichbarer Städte im Umkreis von rund 40 bis 50 Kilometern vornehmen, dann eine Anpassung der Aufwandsentschädigung in einem kleinen Gremium unter Beteiligung der Verwaltungschefs, der Fraktionsvorsitzenden und von einigen repräsentativen Bürgern ausloten. Ziel sollte dabei eine Lösung sein, die gute zehn Jahre Bestand hat. Da dieses Thema sehr sensibel ist, sollten nicht zuletzt die Diskussionen und Ergebnisse allen Bürgern zugänglich gemacht werden.                      

Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Punkte stimmen wir im Grundsatz dem Haushalt 2019 sowie dem Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung zu. Wir attestieren der Verwaltung, allen voran Herrn Amtsleiter Pux und seinen Mitarbeitern, dass sie das Zahlenwerk übersichtlich, transparent und realitätsbezogen aufgestellt hat.

Wir danken aber auch unseren Kolleginnen und Kollegen für gemeinsame Entscheidungen zum Wohle unserer Stadt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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